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Geschichten

Jakob Rieser – ein stiller, aber leidenschaftlicher Heimatforscher

Zur Würdigung des Koberner sein Beitrag über die Matthiaskapelle


Jakob RieserJakob Rieser wurde am 28.07.1896 in Kobern als Sohn des Landwirts Matthias Rieser und seiner Frau Anna, geborene Scherer. Er besuchte von 1902 bis 1910 die Koberner Volksschule. Mit 19 Jahren wurde er zum 1. Weltkrieg eingezogen und diente von 1915-1918 im Königin Auguste Garde Grenadier Regiment 4. Am 01.08.1919 übernahm der die Bahnspedition in Kobern-Gondorf, Scheiderstraße 8, und führte damit das seit 1782 bestehende Familienunternehmen fort.
Er heiratete 1920 Maria Schoor, mit der er 5 Kinder hatte: Annemarie, Walter, Heinz, Irmgard und Ursula. Am 20. Juli 1956 übernahm er den Schlüssel der Matthiaskapelle und betreute fortan diese. Er starb am 1. März 1975 in Koblenz.

Jakob Rieser war nicht nur ein glänzender historischer Führer für die Matthiaskapelle, er war auch ein gründlicher und akribischer Forscher der Koberner Geschichte. In über 10 Aufsätzen befasste er sich mit den historischen Kulturgütern von Koberner, darunter die Matthiaskapelle, die Grafen von Isenburg-Cobern, das Leben der Halfer, der Glockenturm, die Basalt-Grabkreuze, das Burghaus der Romelian von Cobern, der Dreikönigskapelle, der Kreuzweg im Weinberg und der Marienhof zu Cobern usw..
Rhein-Zeitung (25.07.1966)

 

Rhein-Zeitung 27.07.1966

Der Artikel der Rhein-Zeitung vom 25.07.1966.

Neben seinen heimatkundlichen Forschungen schrieb er auch einige Gedichte, wie z.B. Das alte Gebetbuch, das Margarethenbrünnchen usw..
Das Kuratorium für Heimatforschung und -pflege Kobern-Gondorf möchte in Würdigung und Anerkennung der großen Verdienste um die Kultur seines Heimatortes die Beiträge von Jakob Rieser über die Matthiaskapelle und über das Margarethenbrünnchen hier wiedergeben.

Ein alter Bildstock erzählt

Gedicht von Jakob Rieser

Die Matthiaskapelle zu Kobern von Jakob Rieser

Auf einem der landschaftlich am anmutigsten gelegenen Punkte des Moseltales, auf dem Gipfel des Eschenberges bei Kobern, erhebt sich, ganz hineingestellt in das helle Licht der Moselhöhen, das Landschaftsbild souverän beherrschend, eines der kunsthistorisch interessantesten Baudenkmäler des deutschen Mittelalters, die Matthiaskapelle.
Erbaut in der Form eines konstantinischen Baptisteriums, trägt sie ihren Namen zu Ehren des Apostels Matthias, dessen Haupt hier auf der Burg aufbewahrt wurde. Wie die Reliquie in den Besitz der Grafen von Isenburg-Kobern gekommen(ist), ist nicht bekannt. Während Graf Johannes von Sayn mit dem Trierer Erzbischof Balduin in Unterhandlung stand über den Verkauf seines Anteiles an der Burg, hatte er das Haupt des Heiligen zunächst nach Sayn, und später nach Hachenburg verbringen lassen, denn er gedachte es zu behalten. Balduin aber bedingte sich beim Kaufe aus, daß die Reliquie als Pertinenzstück des Schlosses nach Kobern zurück gebracht werde, was dann am 27. April 1347 geschehen ist. Am gleichen Tag erwarb der Erzbischof den Anteil des Johann von Sayn „an der Veste und den Burgen zu Coverne", das „Drittheil" des Arnold von Püttlingen-Daghstuhl hatte er bereits acht Tage vorher erworben und den Anteil des Salentin von Isenburg konnte Balduin am 20. Januar 1351 an sich bringen.
Im Jahre 1391 holte Erzbischof Cuno von Falkenstein die Reliquie auf die Festung Ehrenbreitstein, um sie dort neu in Silber fassen zu lassen. Erzbischof Otto von Ziegenhain schenkte sie 1430 dem Dome zu Trier. Seit 1927 befindet sich das Haupt des Heiligen in der Abteikirche von St. Matthias in Trier, wo auch die übrigen Gebeine des Apostels ruhen.

Über die Zeit der Begründung der Kapelle gibt es keinen dokumentarischen Nachweis, denn erst in der Zeit des teilweisen Verkaufes von Kobern wird die Matthiaskapelle urkundlich erwähnt. In einigen alten Aufzeichnungen wird als der mutmaßliche Erbauer Burggraf Heinrich crucesignatus von Isenburg Kobern genannt, während eine andere Darstellung wissen will, daß Gerlach den Bau Begonnen und sein Enkel, der Kreuzfahrer Heinrich (crucesignatus) das Werk vollendet hat. Das würde auch mit der alten Überlieferung übereinstimmen, die uns sagt, die Kapelle sei um 1220 eingeweiht worden, gehört sie doch ihrem Stil nach in die Wende des 12. Und 13. Jahrhundert.
Die Matthiaskapelle, dieses eigenwillige und einzigartige Meisterwerk später rheinischer Romanik, mit dem steil aufstrebenden Mittelschiff und dem dreistufigen Dach steht des Mauerberings der Oberburg, „die da haißet die alde burch".

Das rundbogige Portal scheint ganz unsymmetrisch eingebaut. Rechts und links befinden sich je zwei Wandsäulen mit hübschen Kapitellen; eines davon zeigt das Medusenhaupt. Der Kapellengrundriß bildet ein Sechseck, an dessen östlicher Seite sich der Chor anschließt. Im Westen bilden vier Strebebogen, die man am Ende des vergangenen Jahrhunderts aus Sicherheitsgründen angebaut hat, einen gewissen Ausgleich. In der Mitte des Zentralbaues erhebt sich ein kleineres Mittelschiff, welches auf sechs durch breit gestelzte Spitzbogen miteinander verbundenen Stützen ruht, von denen jede aus einer Schiefermarmorsäule besteht. Der Tambur ist zu unverhältnismäßiger Höhe geführt und wird durch sechs schmale rundbogige Fenster erhellt, so daß der Umgang mit dem tief angesetzten gefächerten Halbtonnengewölbe und den aus dem Vierpaß entwickelten kleinen Fenstern mit seinem fahlen Dämmerlicht dagegen fast wie eine Krypta erscheint.

In den sechs Ecken des Tamburs sind einfache Sockel vorgekragt, die mit Figuren besetzt sind. Alle tragen schlanke Wandsäulchen, und auf den Kapitellen ruhten die Rippen des sechsseitigen Kreuzgewölbes, welches in einem einzigen freischwebenden Schlußstein zusammengefügt ist. In den Trägerfiguren finden wir jene dargestellt, die3 des Bauwerkes Urheber und Schöpfer waren; ferner sehen wir hier zwei Adler mit gespreizten Flügeln, beide Spruchbänder tragen (die Wappentiere der Herren von Cobern) und den Ochsen, das Lasttier der damaligen Zeit. Edel sind geschnitten die Gesichtszüge der Stifter und des Baumeisters, feingliedrig die Hände und elegant der Faltenwurf der Gewänder; beklemmend aber ist der Anblick des Lastenträgers. Die Körperformen sind klassisch betont, aber auch die Auswirkungen der Kreuzzüge sind spürbar, hier hat der Orient Pate gestanden. Maurisch ist die Freiaufstellung der Säulenbündel, orientalisch sind die Schaftringe in wechselnder Höhe, hufeneisenförmige Gewölbebögen, sowie die Einnischung der an und für sich romanischen Fenstergesimse an der Außenwand der sogenannten Laterne in der Form eines Hufeisens , weit ausladende, sehr reich gestaltete Knospenkapitelle, Tiermotive (der Tazelwurm in immer wieder abgewandelter Form), die in ihrer bizarren Form an prähistorische Fabelwesen gemahnen, und Ornamente. Es gibt kein Motiv, das sich wiederholt, kein Profil ist dem anderen gleich. Immer wieder neue Formen beleben das Bild, und so fügen sich die verschiedensten Stilelemente zu einer harmonischen Einheit zusammen zu einem Werk, das nur einem ganz genialen Könner gelingen konnte.

Erwähnenswert ist noch ein Sandsteinrelief, eingemauert in der Westwand der Kapelle. Eine sehr lebendige Darstellung der Enthauptung des Apostels Matthias, aus dem Jahre 1630 stammend, das Werk eines unbekannten Meisters.

Ein Besuch deises herrlichen Bauwerkes kann mit zu den schönsten und eindrucksvollsten Erlebnissen einer Moselreise gerechnet werden, finden wir doch hier ein Juwel echter mittelrheinischer Baukunst, das hervorragendes meisterliches Können, gepaart mit feinstem künstlerischen Stil- und Formgefühl, hineingestellt hat, in eine reizvolle und liebliche Landschaft.


(aus: Isenburg-Ysenburg 963-1863: Zur tausendjährigen Geschichte des Geschlechts; Herausg. Irene Fürstin von Isenburg in Birstein und Otto-Friedrich Fürst zu Ysenburg und Büdingen; Hanau: Kuwe-Verlag, 1963)

 

Die Matthiaskapelle einst und heute | Foto-Galerie


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